- „Arbeiten in Japan als Koch“ – Wenn Visum, Kultur und Sprache zur Hölle werden
- Kultur-Schock am Herd: Militärische Disziplin, Null Emotionen, 16-Stunden-Schichten
- Sprache als unsichtbare Mauer – und der Moment, an dem alles kippt
- Was Auswanderer unterschätzen – und was niemand im TV zeigt
- Happy End? Nein – aber ein echter Neuanfang
Visum abgelehnt, Träume zerplatzt: Wie ein deutscher Koch in Japan fast alles verlorJapan. Der Traum. Der Albtraum.
Mit zitternden Händen öffnet Felix den Brief. „Leider müssen wir Ihnen mitteilen…“ Sein Herz schlägt schneller. Das ist das dritte Mal. Zum dritten Mal hat die japanische Einwanderungsbehörde sein Arbeitsvisum abgelehnt. Und das, obwohl er bereits einen Jobvertrag in der Tasche hat – als Sous-Chef in einem Michelin-prämierten Restaurant in Tokio. Doch in Japan reicht das nicht. Hier zählt mehr als Talent. Hier zählt, ob du „passt“.
Was als kulinarischer Traum begann, droht für Felix zum völligen Desaster zu werden.
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„Arbeiten in Japan als Koch“ – Wenn Visum, Kultur und Sprache zur Hölle werden
Felix, 33, gelernter Koch aus München, hatte alles geplant. Fünf Jahre Berufserfahrung, zwei Sprachen, ein internationaler Lebenslauf. Doch in Japan gelten andere Regeln. Die Behörden prüfen nicht nur Lebenslauf und Qualifikation, sondern auch den „kulturellen Mehrwert“. Und genau der fehlt Felix.
„Sie wollten wissen, warum sie mich nehmen sollten, wenn ein Japaner denselben Job machen könnte“, sagt er. „Ich dachte, das sei ein schlechter Scherz.“
Doch es ist bitterer Ernst.
In Japan muss ein ausländischer Koch nachweisen, dass er eine Küche vertritt, die es so in Japan nicht gibt – oder dass er eine Qualifikation hat, die in Japan Mangelware ist. Felix kocht europäisch. Französisch, italienisch – also Dinge, die in Tokio längst von Japanern perfektioniert wurden. Seine „Einzigartigkeit“? Nicht ausreichend.
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Kultur-Schock am Herd: Militärische Disziplin, Null Emotionen, 16-Stunden-Schichten
Als er dann über ein Touristenvisum doch vorübergehend in einer Restaurantküche arbeiten darf, trifft ihn der zweite Schlag. Die Arbeit ist anders. Härter. Kälter.
„In Deutschland gibt’s Stress, klar. Aber in Japan… da gibt’s keine Pause. Kein Lächeln. Keine Fehler. Einer hat sich beim Schneiden in den Finger geschnitten – kein Pflaster, kein Mitleid. Weiterarbeiten. Blut wischen, weiterschneiden.“
Der Küchenchef spricht kein Wort Englisch. Die Kollegen ignorieren ihn wochenlang. Sein japanisches Anfänger-Niveau reicht nicht, um sich zu wehren. Stattdessen: ständige Kritik. Schweigen. Druck.
Felix verliert in vier Wochen sechs Kilo. „Ich habe einfach aufgehört zu essen. Ich hatte Angst, Fehler zu machen. Und ich habe nur noch funktioniert.“
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Sprache als unsichtbare Mauer – und der Moment, an dem alles kippt
Er meldet sich für einen Sprachkurs an. 20.000 Yen im Monat – fast 130 Euro. Geld, das er nicht hat. Aber ohne Sprache, keine Integration. Und ohne Integration? Kein Visum.
Doch nach zwei Monaten bricht er zusammen. Körperlich. Psychisch. Das Visum läuft bald aus. Der Arbeitgeber macht Druck: „Ohne gültigen Aufenthaltstitel können wir dich nicht weiter beschäftigen.“
Der Moment, in dem alles kippt: Felix steht nachts um drei Uhr auf einer Brücke über dem Meguro-Fluss. Der Neon-Schimmer der Stadt flackert im Wasser. „Ich habe mich gefragt, ob ich überhaupt noch kämpfen soll. Ob es das wert ist.“
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Was Auswanderer unterschätzen – und was niemand im TV zeigt
Viele denken, Japan sei das Land der Höflichkeit, der Disziplin, der Chancen. Doch wer hier arbeiten will, besonders in der Gastronomie, wird schnell eines Besseren belehrt.
– Die Sprache ist ein Bollwerk. Ohne fließendes Japanisch bist du ein Geist.
– Die Kultur duldet keine Individualität. Wer nicht reinpasst, fliegt raus – höflich, aber bestimmt.
– Die Bürokratie ist gnadenlos. Ein Stempel zu wenig, und dein Traum ist aus.
Felix hatte Glück im Unglück. Eine befreundete Japanerin vermittelte ihm schließlich einen Anwalt für Einwanderungsrecht. Mit neuem Antrag, einer detaillierten Tätigkeitsbeschreibung und einem Empfehlungsschreiben aus Deutschland bekam er – nach acht Monaten Warten – ein Arbeitsvisum.
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Happy End? Nein – aber ein echter Neuanfang
Heute arbeitet Felix wieder in Japan – in einem kleinen Bistro in Osaka. Kein Stern, kein Glamour. Aber Respekt. Und er spricht jetzt fließend Japanisch.
„Ich musste erst alles verlieren, um zu verstehen, was es heißt, hier zu arbeiten. Japan liebt Perfektion – aber du musst dafür bluten.“
Und wenn ihn jemand fragt, ob er es wieder tun würde?
„Ja. Aber nur, wenn du bereit bist, alles, wirklich alles zu opfern.“
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Fazit:
Japan ist kein Ort für halbe Sachen. Wer in der Küche bestehen will, muss nicht nur kochen können – sondern auch schweigen, leiden, anpassen. Und wenn du denkst, du bist gut genug – dann fängt der eigentliche Test erst an.