- Selbstständig in Spanien – Zwischen EU-Träumen und Bürokratie-Horror
- Der erste Schock: Die NIE-Nummer – ohne sie geht gar nichts
- Steuern, Sozialversicherung, Anmeldung – Willkommen im Behördendschungel
- „Wir wollten frei sein – jetzt ersticken wir an Formularen“
- Zwischen Hoffnung und Zusammenbruch – die emotionale Achterbahnfahrt
- Was niemand erzählt: Die versteckten Kosten der Freiheit
- Und trotzdem: Warum sie bleiben
- Fazit: Sonne, Strand – und ein System, das dich auffrisst, wenn du nicht vorbereitet bist
Spanien, Selbstständigkeit, Steuern: Ein Albtraum in Flip-Flops!„Wir wollten frei sein. Jetzt stehen wir kurz vor dem Nervenzusammenbruch.“
– Mit diesen Worten beginnt für Melanie (37) und Chris (39) der steinige Weg in die Selbstständigkeit unter Spaniens Sonne. Was als Traum begann, endet fast im seelischen Kollaps. Und sie sind nicht allein.
Selbstständig in Spanien – Zwischen EU-Träumen und Bürokratie-Horror
Melanie hatte sich das anders vorgestellt. „Die EU macht’s doch einfach“, dachte sie. Schließlich sind Deutschland und Spanien beides EU-Länder. Ein paar Formulare, ein Besuch beim Amt, dann kann’s losgehen, oder?
Falsch gedacht.
Denn was sie und Chris nicht wussten: Die spanische Bürokratie hat ihre ganz eigenen Regeln. Und die sind nicht nur undurchsichtig – sie sind gnadenlos. „Wir dachten, wir melden unser Gewerbe an und starten durch. Stattdessen saßen wir drei Wochen jeden Tag bei irgendeiner Behörde. Ohne Ergebnis.“
Der erste Schock: Die NIE-Nummer – ohne sie geht gar nichts
Noch bevor sie überhaupt an Umsatz denken konnten, stand die erste Hürde: die Número de Identificación de Extranjero, kurz NIE. Ohne diese Steuernummer läuft in Spanien nichts. Kein Konto, keine Anmeldung beim Finanzamt, keine Selbstständigkeit.
Melanie erzählt mit zitternder Stimme: „Wir standen morgens um 6 Uhr vor dem Amt in Málaga. Um 9 Uhr hieß es: ‚Heute keine Termine mehr.‘ Das passierte uns dreimal.“
Und das ist erst der Anfang.
Steuern, Sozialversicherung, Anmeldung – Willkommen im Behördendschungel
Hat man die NIE, geht’s weiter: Gewerbeanmeldung, Registrierung bei der Seguridad Social, Anmeldung beim Finanzamt (Hacienda). Klingt machbar? Nicht, wenn man kein Spanisch auf Behördensprache-Niveau spricht.
Chris: „Wir dachten, wir könnten das mit unserem Schulspanisch regeln. Blöd nur, dass das Amtsspanisch aus einem anderen Jahrhundert stammt. Und wehe, ein Formular ist falsch – dann fängst du von vorne an.“
Zwei Monate später: Die beiden sind noch keinen Schritt weiter. Dafür haben sie 2.300 Euro an Berater, Übersetzer und Steuerberater gezahlt. Und das Geld wird knapp.
„Wir wollten frei sein – jetzt ersticken wir an Formularen“
Die Ironie: Die beiden wollten der deutschen Bürokratie entkommen. Stattdessen erleben sie in Spanien den ganz eigenen Wahnsinn der Selbstständigkeit. Denn was viele unterschätzen: Spanien ist zwar Teil der EU – aber spielt bei Regeln und Umsetzung oft nach eigenen Gesetzen.
Beispiel Umsatzsteuer: In Deutschland meldet man sich als Kleinunternehmer an und hat Ruhe. In Spanien? Gibt es diese Regelung nicht. Selbst bei geringem Umsatz müssen die beiden vierteljährlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen machen. Und wehe, eine Frist wird verpasst – Strafen bis zu 1.500 Euro drohen.
Zwischen Hoffnung und Zusammenbruch – die emotionale Achterbahnfahrt
Ein Jahr später. Chris arbeitet 60 Stunden pro Woche als Fotograf, Melanie betreibt einen kleinen Online-Shop für Naturkosmetik. Doch obwohl die Kunden kommen, bleibt kaum Geld übrig. „Wir zahlen über 300 Euro im Monat allein an Sozialabgaben – egal, ob wir Umsatz machen oder nicht“, sagt Melanie.
Und dann der nächste Rückschlag: Ein Steuerbescheid über 4.200 Euro. Wegen eines Fehlers beim ersten Steuerberater. „Ich habe drei Tage lang nur geweint“, sagt Melanie. „Wir wollten doch nur unser Leben leben – und jetzt kämpfen wir ums Überleben.“
Was niemand erzählt: Die versteckten Kosten der Freiheit
In der Auswanderer-Romantik auf Social Media sieht man nur die Tapas, das Meer und das Lächeln. Was man nicht sieht:
– Die endlosen Gänge zu Ämtern
– Die Sprachbarrieren, die dich wie eine Wand treffen
– Die Unsicherheit, wenn du eine Rechnung schreibst – und nicht weißt, ob du damit gerade illegal handelst
– Die Angst, dass ein falsch gesetztes Häkchen im Formular dein Business ruinieren kann
„Es ist wie ein Minenfeld“, sagt Chris. „Du weißt nie, ob du gerade alles richtig machst – oder vor dem nächsten Knall stehst.“
Und trotzdem: Warum sie bleiben
Warum geben sie nicht einfach auf? „Weil wir das hier wollen. Weil wir nicht zurück ins deutsche Hamsterrad wollen“, sagt Melanie. Doch der Preis ist hoch. Und wer diesen Weg gehen will, sollte wissen, worauf er sich einlässt.
Ihr Rat an alle, die mit dem Gedanken spielen, in Spanien selbstständig zu werden?
„Mach’s nicht allein. Hol dir jemanden vor Ort. Und plane mindestens doppelt so viel Geld und Nerven ein, wie du denkst. Sonst gehst du unter.“
Fazit: Sonne, Strand – und ein System, das dich auffrisst, wenn du nicht vorbereitet bist
Spanien wirkt wie das perfekte Auswanderer-Paradies. Doch wer sich selbstständig machen will, trifft auf eine Realität, die härter ist als gedacht. EU hin oder her – wer die Bürokratie unterschätzt, zahlt. Mit Geld. Mit Zeit. Mit Träumen.
Melanie und Chris haben es (noch) nicht aufgegeben. Aber was sie erlebt haben, sollte jeder sehen, bevor er sich entscheidet.
Denn Freiheit ist schön – aber sie hat ihren Preis.