- Selbstständigkeit in Costa Rica: Der Traum, der dich ruinieren kann
- Tourismus in Costa Rica: Zwischen Instagram-Paradies und bitterer Enttäuschung
- Nachhaltigkeit – Schön für die Umwelt, ruinös fürs Geschäft
- Natur als Gegner – Wenn der Regenwald dich nicht schlafen lässt
- Arbeit bis zum Umfallen – und niemand sieht’s auf Instagram
- Fazit: Costa Rica gibt dir alles – oder nimmt dir alles
Costa Rica – Das Traumland, das dich auffrisst, wenn du nicht vorbereitet bist„Ich wollte nur frei sein.“
So beginnt das Abenteuer von Tanja (38) und Chris (42) aus Bottrop. Sie kündigten alles – Jobs, Wohnung, Sicherheit – und wanderten nach Costa Rica aus. Der Plan: eine nachhaltige Lodge im Dschungel betreiben. Der Traum: morgens mit Affen frühstücken, abends mit Touristen Lagerfeuer-Romantik erleben. Die Realität? Eine gnadenlose Achterbahnfahrt zwischen Existenzangst, Tropenstürmen und Behördenwahnsinn.
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Selbstständigkeit in Costa Rica: Der Traum, der dich ruinieren kann
„Wir hatten alles durchgerechnet“, sagt Chris, während er seine zerkratzten Hände zeigt – Spuren vom letzten Versuch, das Dach der Dschungelhütte wetterfest zu machen. „Doch Rechnen bringt dir nichts, wenn plötzlich ein Faultier deinen Stromkasten blockiert.“
Tanja lacht. Bitter. „Wir dachten, Selbstständigkeit hier sei einfacher als in Deutschland. Weniger Bürokratie, mehr Freiheit. Aber das war naiv.“
Was sie unterschätzt haben:
– Genehmigungen dauern Monate – und ohne Trinkwasseranschluss kommt kein einziger Gast.
– Lokale Handwerker erscheinen nur, wenn der Mond richtig steht – oder wenn du das Dreifache zahlst.
– Steuern? Komplexer als in Deutschland – und in Spanisch.
Ihr Startkapital von 60.000 Euro? Nach einem Jahr aufgebraucht. Für Werbung blieb nichts. Die Lodge? Leer. Nur die Brüllaffen kamen zuverlässig – jeden Morgen um fünf.
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Tourismus in Costa Rica: Zwischen Instagram-Paradies und bitterer Enttäuschung
Costa Rica verkauft sich als das grüne Wunder: Regenwald, Vulkane, Schildkrötenstrände. Und ja – das alles gibt es. Aber: Der Tourismus ist gnadenlos.
„Du konkurrierst mit Hochglanz-Resorts, die All-Inclusive für 40 Dollar pro Nacht bieten“, erklärt Tanja. „Und dann stehst du da mit deinem Bio-Bananenbrot und denkst: Warum kommt niemand?“
Das bittere Learning:
Natur allein reicht nicht mehr.
Der moderne Tourist will WLAN im Dschungel, vegane Burger – und Instagram-fähige Hängematten. Wer das nicht liefert, ist raus.
Chris: „Einmal hat ein Influencer uns bewertet mit: ‚Netter Ort, aber kein Pool.‘ Danach hatten wir zwei Monate keine Buchung.“
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Nachhaltigkeit – Schön für die Umwelt, ruinös fürs Geschäft
Die beiden wollten alles richtig machen: Solarstrom, Komposttoiletten, plastikfreie Küche. Doch ökologisch bedeutet oft auch teuer – und langsam.
„Einmal haben wir eine Lieferung Bambusgeschirr bestellt. Kam nach acht Wochen – und war von Termiten zerfressen.“
Tanja schüttelt den Kopf. „Wir wollten nachhaltig leben. Aber irgendwann mussten wir entscheiden: Umwelt oder Existenz?“
Sie entschieden sich fürs Überleben. Heute nutzen sie Plastikgeschirr – und hassen sich dafür ein bisschen.
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Natur als Gegner – Wenn der Regenwald dich nicht schlafen lässt
„Leute denken, Natur heilt. Aber Natur kann dich auch fertig machen.“
Chris erinnert sich an den Moment, als ein Erdrutsch ihr halbes Grundstück verschlang. „Wir hatten gerade eine Buchung reinbekommen. Weg. Alles weg.“
Der Dschungel ist schön – aber er kennt keine Gnade.
Tropenregen zerstört Wege. Insekten fressen Vorräte. Und nachts klingt der Wald nicht nach Entspannung, sondern nach Krieg.
Tanja: „Ich habe ein Jahr lang kaum geschlafen. Du lauschst jedem Geräusch. Ist es ein Jaguar? Oder ein Dieb?“
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Arbeit bis zum Umfallen – und niemand sieht’s auf Instagram
„Selbstständig in Costa Rica arbeiten“ klingt nach Freiheit. Aber in Wahrheit ist es oft 24/7-Schufterei ohne Lohn.
– Täglich 12 Stunden kochen, putzen, Gäste betreuen
– Danach Mails beantworten, Preise anpassen, Buchhaltung machen
– Kein Wochenende, keine Absicherung, keine Pause
Chris: „Ich hab mir den Rücken ruiniert beim Zisternenbau. Kein Arzt, keine Versicherung. Nur Ibuprofen.“
Tanja: „Ich wollte mein Leben zurück – und hab ein Hamsterrad im Dschungel bekommen.“
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Fazit: Costa Rica gibt dir alles – oder nimmt dir alles
Heute, drei Jahre später, vermieten sie ihre Lodge an einen Kanadier. Sie selbst wohnen in einer kleinen Wohnung in San José. Tanja arbeitet wieder als Grafikdesignerin – online, remote. Chris gibt Surfunterricht.
Sie haben nicht aufgegeben. Aber sie haben gelernt:
Costa Rica ist kein Fluchtort. Es ist ein Prüfstein.
Wer hier überleben will, braucht mehr als Träume. Er braucht Spanisch, Nerven, Geld – und vor allem: die Fähigkeit, Dinge loszulassen.
Tanja: „Ich bin nicht gescheitert. Ich bin aufgewacht.“
Chris nickt.
„Costa Rica hat uns alles genommen. Aber auch alles gezeigt.“