Selbstständigkeit: Unfassbar riskant – Alpaka-Traum in Peru

„Man riecht den Tod, bevor man ihn sieht“, sagt Ben leise, während er das verendete Jungtier hinter die Hütte zieht. „Wenn du hier morgens aufwachst, weißt du nie, ob heute wieder eins stirbt.“ Der Lebensstil, von dem sie einst träumten, frisst sie langsam auf.

Selbstständigkeit in Peru: Mit Alpakas ins Unglück? Wenn der Traum vom Auswandern zum Alptraum wirdEin Dschungel aus Bürokratie, beißende Kälte in den Anden, und 42 Alpakas, die mehr kosten als ein Kleinwagen – was als romantischer Neuanfang begann, wird für ein deutsches Paar zum Überlebenskampf zwischen Landwirtschaft, Tieren und Tourismus.

Peru, Selbstständigkeit, Tiere, Landwirtschaft, Lebensstil, Tourismus: Wenn ein Lebenstraum alles kostet

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„Wir wollten einfach raus – raus aus dem Hamsterrad, rein ins echte Leben“, sagt Julia (34), während sie mit rissigen Händen das Alpakafohlen auf den Arm nimmt. Sie und ihr Mann Ben (38) haben alles aufgegeben: Jobs in Berlin, Wohnung in Kreuzberg, ihre Freunde. Für eine Farm in den peruanischen Anden. Für ein neues Leben. Für Tiere. Für Freiheit. Für Selbstständigkeit.

Doch was sie nicht wussten: In Peru ist Freiheit teuer. Und Selbstständigkeit bedeutet nicht Abenteuer – sondern Verantwortung, die dich nachts wachhält.

5.000 Meter über dem Meeresspiegel: Zwischen Touristen und Tierkadavern

Die Farm liegt eine Stunde von Cusco entfernt. Kein Strom, kein Netz, nur Wind, Kälte und Stille. Klingt romantisch? Ist es nicht.

„In der ersten Woche sind uns drei Alpakas eingegangen“, erzählt Ben mit leerem Blick. „Wir hatten keine Ahnung von Höhenkrankheit bei Tieren. Die Einheimischen haben nur den Kopf geschüttelt.“

Und das ist nur der Anfang: Der Tourismus, auf den sie gesetzt hatten – ausgeblieben. Ein politischer Streik blockierte die Straßen, Busse fuhren wochenlang nicht. Keine Besucher. Keine Einnahmen. Nur laufende Kosten.

„Wir haben anfangs 40.000 Euro investiert“, sagt Julia. „Für Zäune, Ställe, Futter, einen peruanischen Mitarbeiter. Nach drei Monaten war fast alles weg.“

„Instagram hat uns belogen“ – Wenn der Lebensstil nicht zu deinem Leben passt

Was auf Social Media wie ein minimalistischer Traum voller Sonnenuntergänge aussieht, fühlt sich in der Realität an wie ein permanenter Überlebenskampf.

„Man sieht die Alpakas, die Berge, das Lagerfeuer. Aber niemand zeigt, wie du bei minus zehn Grad versuchst, Wasserleitungen frei zu bekommen“, so Julia.

Sie hatten geglaubt, die Tiere würden ihr Leben entschleunigen – stattdessen haben sie es beschleunigt. Früh um fünf raus, Futter schleppen, kranke Tiere versorgen, Touristenfragen beantworten – wenn denn jemand kommt.

Und der Lebensstil? „Wir dachten, wir finden zu uns selbst. Stattdessen haben wir uns fast verloren“, sagt Ben. Drei Monate lang haben sie kaum miteinander gesprochen. Jeder Tag war ein Kampf. Gegeneinander. Für ein Projekt, das ihnen aus den Händen glitt.

Behörden, Korruption, Bürokratie: Die dunkle Seite von Selbstständigkeit im Ausland

„Wir wollten alles legal machen. Gewerbe anmelden, Steuern zahlen. Aber niemand erklärt dir, wie es geht.“

Sie zahlen einen Notar, der plötzlich verschwindet. Ein Steuerberater stellt falsche Papiere aus. Ein lokaler Beamter verlangt „eine kleine Spende“, damit die Genehmigung schneller kommt.

„Wir haben uns gefühlt wie Kinder, die ein Unternehmen führen sollen. Nur dass uns jeder auslacht.“

In Deutschland war Julia Marketingchefin. In Peru ist sie plötzlich Stallmagd, Buchhalterin, Übersetzerin und Notfall-Tierärztin – in Personalunion.

Hoffnung auf vier Beinen: Wenn ein Tier dein letzter Rettungsanker ist

Dann, nach sechs Monaten, ein kleines Wunder: „Luna“, ein weißes Alpakaweibchen, bringt Zwillinge zur Welt – extrem selten. Die Geschichte geht viral. Plötzlich interessieren sich Reiseblogger. Ein Tierarzt aus Lima bietet Kooperationen an.

„Das war der Moment, in dem wir wussten: Wir geben nicht auf.“

Sie starten Alpaka-Wanderungen mit Übernachtung im Tipi. Langsam kommen Buchungen. Der Tourismus zieht an. Die Schulden sind noch da – aber auch ein neuer Mut.

Fazit: Selbstständigkeit in Peru – ein Traum für Mutige, ein Albtraum für Naive

Julia und Ben haben überlebt. Knapp. Nicht jeder tut das.

„Es ist schön, seinem Herzen zu folgen. Aber du musst mit dem Kopf planen“, sagt Ben. „Wir hatten keinen Business-Plan. Nur Hoffnung. Das reicht nicht.“

Sie haben gelernt: Tiere kosten mehr als Liebe. Landwirtschaft ist kein Lifestyle. Und Selbstständigkeit im Ausland ist kein romantisches Abenteuer – sondern ein harter Job, der alles von dir fordert.

Aber: Wenn du durchhältst, kann daraus etwas entstehen, das größer ist als alles, was du dir je in Deutschland hättest ausmalen können.

Und du? Würdest du alles aufgeben – für ein Alpaka und einen Traum?

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