Traum vom Weingut: Unfassbar riskant – aber brutal schön!

Kein Geld, kein Tropfen Wein, kein Plan B – der Traum vom selbstbestimmten Leben in Italien drohte zu platzen, noch bevor die ersten Flaschen etikettiert waren. Was als romantische Flucht begann, wurde zur bitteren Lektion über Arbeit, Finanzen und die gnadenlose Realität der Landwirtschaft.

Italien, Selbstständigkeit, Landwirtschaft: Zwischen Weinfässern, Burnout und dem letzten Kredit

Der erste Sonnenaufgang über den sanften Hügeln der Toskana war ihr Ja-Wort zum Neuanfang. Aber was wie ein Märchen begann, verwandelte sich schneller in einen Albtraum, als sie „Chianti“ sagen konnten. Jana (34) und Marc (38) aus Düsseldorf wollten raus – raus aus dem Büro, raus aus Excel-Tabellen, raus aus dem Hamsterrad. Ihr Traum: Ein eigenes Weingut in Italien. Ihr Plan: Romantik, Selbstverwirklichung, Leben mit den Rhythmen der Natur.

Doch Italien ist kein Instagram-Filter. Und Landwirtschaft keine romantische Landpartie.

Arbeit bis zum Umfallen: Wenn Träume in Schweiß und Schulden baden

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Die Realität begrüßte sie mit 42 Grad im Schatten, einem kaputten Traktor und Reben, die vertrockneten, während sie noch versuchten, das Bewässerungssystem zu verstehen. Die ersten Wochen lebten sie in einem Wohnwagen – das alte Steinhaus war unbewohnbar, die Renovierungskosten explodierten.

Marc, ein ehemaliger IT-Berater, schuftete plötzlich 14 Stunden am Tag mit der Heckenschere. Jana, einst Marketingmanagerin, weinte nachts über Steuerformulare auf Italienisch.

„Ich dachte, wir leben hier unseren Traum“, sagt sie heute. „Aber oft fühlte es sich mehr wie ein Überlebenskampf an.“

Einmal fiel Marc beim Pflügen in einen alten Brunnenschacht – kein Netz, kein Empfang, 30 Minuten rief er vergeblich um Hilfe. Es war der Moment, in dem sie begriffen: Hier rettet dich niemand.

Finanzen, Selbstständigkeit, Existenzangst: Wie viel Risiko hält ein Mensch aus?

Die Bank in Deutschland hatte gezögert – aber dann doch den Kredit freigegeben. 180.000 Euro Startkapital. Klingt viel. Reichte für gerade mal einen halben Weinberg, einen gebrauchten Traktor und zwei Monate Puffer.

„Wir haben die laufenden Kosten völlig unterschätzt“, gesteht Marc. „Steuern, Genehmigungen, Maschinenwartung – alles war teurer, komplizierter, langsamer.“

Als im zweiten Jahr der Frost die gesamte Ernte vernichtete, standen sie kurz vor der Insolvenz. Kein Einkommen, keine Rücklagen. Sie lebten von Nudeln mit Tomatensoße – jeden Tag.

Und doch: Aufgeben kam nicht infrage.

Der große Knall: Zwischen Beziehungskrise und einem Wunder in Flaschen

Im dritten Jahr knallt es – nicht auf dem Feld, sondern zwischen den beiden. Jana will zurück nach Deutschland. Marc will durchziehen. Wochenlang reden sie kaum. Der Weinbau wird zur Zerreißprobe für ihre Beziehung.

Dann, ausgerechnet im schlimmsten Sommer, passiert das Unfassbare: Eine Weinprobe mit einem lokalen Winzer endet mit einem Vorschlag: Sie sollen gemeinsam eine limitierte Cuvée produzieren.

„Dieser Moment hat alles verändert“, sagt Jana. „Zum ersten Mal hatten wir das Gefühl, dass jemand an uns glaubt.“

Sie investieren ihr letztes Geld – wirklich das allerletzte – in neue Fässer, Etiketten, Flaschen. Und dann kommt die erste Auszeichnung bei einem regionalen Wettbewerb. Bronze. Es reicht, um in einem kleinen Bio-Supermarkt gelistet zu werden.

Die Bestellungen steigen. Nicht raketenartig – aber immerhin. Es ist der erste Hoffnungsschimmer seit Jahren. Und es bringt sie wieder zusammen.

Landwirtschaft in Italien: Was niemand sieht und fast alle unterschätzen

Was sie unterschätzt haben:

Die Bürokratie. Die Einsamkeit. Die körperliche Härte. Den psychischen Druck.
Was sie gelernt haben: Dass Träume keine Garantie sind. Dass Selbstständigkeit bedeutet, nie Feierabend zu haben. Dass man nicht romantisch sein darf, wenn es um Finanzen geht.

„Wir haben uns selbst neu kennengelernt. Auch unsere hässlichen Seiten“, sagt Marc. „Aber das gehört dazu – wenn du wirklich frei sein willst.“

Der Preis des Traums: Kein Zurück, kein Netz, nur Herz

Heute leben sie immer noch in Italien. Das Weingut ist klein, aber überlebt. Sie verdienen noch nicht viel – aber sie verdienen. Die Beziehung hat Narben, aber sie hält.

„Der Traum war naiv“, sagt Jana. „Aber er war auch notwendig. Wir wären sonst innerlich gestorben.“

Was bleibt, ist ein Leben mit weniger Sicherheit – aber mehr Echtheit. Kein Plan B. Kein Rückflugticket. Nur Sonne, Erde, Reben – und ein Herz, das gelernt hat, durchzuhalten.

Fazit? Wer vom Auswandern träumt, sollte nicht nur an Pasta und Sonnenuntergänge denken. Sondern an Frost, Schulden, Streit – und an das, was bleibt, wenn der Filter wegfällt.

Denn der Traum ist da. Aber du musst ihn dir jeden verdammten Tag erkämpfen.

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