Ausland: Schockierend riskant – Schule ohne Recht?

Doch das Paradies war ein Kartenhaus – und Bildung der erste Stein, der fiel.

Ausland, , Schulpflicht – und plötzlich steht eine Familie vor dem Nichts„Wir wollten Freiheit – stattdessen verloren wir fast alles.“

Als Mandy (38) und Kai (41) aus NRW ihre Jobs kündigten, Haus und Hof verkauften und mit ihren drei Kindern nach Paraguay auswanderten, war das der Anfang eines Traums. Oder besser gesagt: Der Anfang vom Ende. Denn was sie erwartete, hatte mit Freiheit wenig zu tun – und mit Bildung, und Schule noch viel weniger.

Kinder, Schule, Recht, Bildung, Familie, Ausland – der große Crash im Paradies

Die Sonne brennt über dem staubigen Vorort von Encarnación. Zwischen Palmen und Blechdächern steht ein bunt gestrichenes Haus – das neue Zuhause der Familie Schulze. Doch drinnen ist die Stimmung eisig. Die Kinder, 6, 9 und 12 Jahre alt, sitzen apathisch auf dem Sofa. Kein Unterricht, keine Freunde, keine Perspektive.

„Wir dachten, wir könnten sie selbst unterrichten. Das machen doch hier viele“, sagt Mandy, mit brüchiger Stimme. Doch schnell kam die Realität: Keine Schulmaterialien, kein Plan, keine Unterstützung. Die lokalen Behörden? Interessiert das nicht. Und der deutsche Staat? Hat längst die Schulpflicht angemahnt – samt Androhung des Sorgerechtsentzugs.

Kai, früher IT-Administrator, heute Hühnerzüchter wider Willen, zuckt mit den Schultern: „Wir wollten raus aus dem System. Stattdessen sind wir in einem anderen System untergegangen, das wir gar nicht verstanden haben.“

„Wir dachten, wir wären frei – aber unsere Kinder zahlen den Preis“

Die Idee war einfach. Lebenshaltungskosten niedrig, Sonne satt, keine deutsche Bürokratie. Und: Kein Schulzwang. Was romantisch klang, wurde zur tickenden Zeitbombe. Denn ohne strukturierte Bildung begannen die Kinder zu vereinsamen. Der älteste Sohn entwickelte Angstzustände, die Jüngste sprach monatelang kein Wort.

„Wir haben unterschätzt, wie sehr Schule mehr ist als Mathe und Deutsch“, erklärt Mandy. „Es geht um Struktur, um soziale Entwicklung, um Halt.“ Doch das kam alles zu spät. Denn als das Jugendamt in durch Bekannte alarmiert wurde, geriet die Familie unter massiven Druck. Der Vorwurf: Kindeswohlgefährdung.

„Die größte Lüge war: Im Ausland ist alles einfacher“

RTL2 hätte es nicht besser inszenieren können. Doch das hier ist kein Drehbuch – das ist echtes Leben. Und es ist brutal. Die Schulzes mussten erleben, was viele Auswanderer falsch einschätzen: Bildung ist ein Recht – aber auch eine Verantwortung. Und wer glaubt, man könne sich dem einfach durch eine Grenze entziehen, der irrt gefährlich.

Die teils selbsternannten „Freilerner-Communities“, die in manchen Ländern wie Paraguay, Ungarn oder boomen, versprechen Autonomie. Doch oft fehlt es an staatlicher Anerkennung, an Struktur, an pädagogischem Know-how. „Wir haben auf Telegram gelesen, das geht alles ganz easy. Aber keiner sagt dir, was passiert, wenn’s nicht läuft. Wenn dein Kind plötzlich nicht mehr spricht. Wenn du selbst zusammenbrichst“, sagt Kai.

Wendepunkt: Als das Jugendamt anrief

Der Anruf kam an einem Dienstag. „Wir haben Hinweise erhalten, dass Ihre Kinder nicht beschult werden.“ Mandy zitterte. „Ich dachte nur: Jetzt verlieren wir auch noch sie.“ Das deutsche Jugendamt kann auch im Ausland tätig werden – insbesondere, wenn Kinderrechte verletzt werden.

Der Schock saß tief. Und plötzlich stand die Rückkehr im Raum. Nach allem, was sie geopfert hatten. Haus weg. Ersparnisse aufgebraucht. Freundeskreis verloren. „Aber wir mussten zurück“, sagt Mandy heute. „Für die Kinder.“

Zurück in Deutschland – aber nicht zurück im Leben

Die Rückkehr war kein Happy End. Die Kinder mussten in psychologische Betreuung. Der älteste hat ein Jahr Schulstoff verloren. Kai fand erst nach Monaten wieder . Mandy hat Depressionen. Doch sie sprechen jetzt offen darüber.

„Vielleicht hilft unsere Geschichte anderen“, sagt Kai. „Vielleicht überlegt sich die nächste Familie zweimal, ob sie wirklich alles aufgibt, ohne Plan B.“

Lektion aus dem Albtraum: Bildung ist kein Lifestyle. Es ist das Fundament.

Freiheit klingt romantisch. Aber Freiheit ohne Verantwortung ist Fahrlässigkeit – besonders, wenn es um Kinder geht. Schule ist nicht nur ein Ort des Lernens – sie ist Teil der kindlichen Entwicklung, des sozialen Miteinanders, des Lebens. Und das Recht auf Bildung endet nicht an der Landesgrenze – es beginnt dort erst.

„Unsere Kinder sind keine Versuchskaninchen“ – Mandy Schulze

Ein Satz, der bleibt. So ehrlich, so schmerzhaft, so wichtig.

Denn Träume sind schön – aber Kinder brauchen mehr als Träume.

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