- Familie, Flüge, Finanzen – wenn Träume an Kosten zerbrechen
- Heimweh ist nicht nur ein Gefühl – es ist eine Rechnung, die du irgendwann bezahlst
- Was wir gelernt haben: Reiseträume brauchen mehr als Mut – sie brauchen Wahrheit
Heimweh, Herzschmerz, Hoffnung: Als wir alles verkauften – und dann das Rückflugticket suchtenReisen war unser Traum. Jetzt ist es unser Albtraum.
—
„Wir wollten frei sein – jetzt zählen wir Centstücke für den Rückflug“
Reisen. Das klang nach Freiheit. Nach Sonnenuntergängen am Strand, lachenden Kindern unter Palmen und Instagram-Posts mit dem Hashtag #neuanfang. Stattdessen sitzen wir nun auf dem Boden einer stickigen Airbnb-Wohnung in Medellín, Kolumbien. Die Fensterläden klappern im Wind, unser Konto ist leer, und mein Mann googelt heimlich „günstigste Flüge nach Deutschland“.
Dabei hatten wir alles geplant. Alles verkauft. Alles riskiert. Unser Haus in Bielefeld? Weg. Die Jobs? Gekündigt. Schule für die Kinder abgemeldet. Wir wollten der Routine entfliehen – und fanden uns in einer neuen Gefängniszelle wieder: der Realität.
—
Familie, Flüge, Finanzen – wenn Träume an Kosten zerbrechen
„Wir machen das für die Kinder“, sagten wir. „Ein Jahr Weltreise, bevor sie zu alt sind.“ Doch keiner hatte uns gewarnt, wie viel Heimweh in so kleinen Körpern steckt. Unser Jüngster, 5, weint nachts leise unter der Decke. Unsere Tochter, 9, fragt jeden Tag nach ihrer Oma. Und wir? Streiten über WLAN-Rechnungen, Impfkosten und ob ein 14-Stunden-Nachtbus durch Ecuador mit zwei Kindern wirklich abenteuerlich oder einfach nur verantwortungslos ist.
Die Flugkosten fraßen unser Startbudget auf – was blieb, war ein Notgroschen, der schneller schmolz als das Eis in Bangkok. Und dann passierte es: Meine Schwiegermutter erlitt einen Schlaganfall. 10.000 Kilometer entfernt, mit wackeligem WLAN und Tränen in den Augen, mussten wir entscheiden: Rückflug? Oder weiterreisen?
—
„Du hast gesagt, das wird unser neues Leben!“ – „Und du hast gesagt, du willst nie zurück.“
Nächster Halt: Beziehungskrise. Die Entscheidung, alles hinter sich zu lassen, hat uns verändert – aber nicht im Guten. Wir merkten schnell: Wer zu Hause Probleme hat, nimmt sie mit. Nur dass sie im Ausland kein Sofa, keinen Rückzugsort mehr haben. Sie sitzen mit am Frühstückstisch, in der Hängematte, im überfüllten Minivan in Laos.
Wir begannen, uns Vorwürfe zu machen. Warum haben wir keine bessere finanzielle Absicherung geplant? Warum dachten wir, 12.000 Euro reichen für vier Menschen auf Weltreise? Warum haben wir geglaubt, dass Liebe und Abenteuer alle Lücken füllen?
—
Heimweh ist nicht nur ein Gefühl – es ist eine Rechnung, die du irgendwann bezahlst
Heimweh klingt romantisch – in Wahrheit ist es messbar. Es kostet dich Schlaf, Nerven, Kraft. Und irgendwann kostet es dich Geld. Denn wenn du zurück willst, brauchst du Flüge. Und die sind selten günstig, wenn du keinen Plan B hast.
Wir sahen Familien scheitern. Eine Mutter in Costa Rica, allein mit zwei Kindern, weil der Vater „nur kurz surfen“ ging – und nie zurückkam. Ein Paar aus Hamburg, das nach drei Monaten in Neuseeland mit 40.000 Euro Schulden zurückkehrte.
Wir lernten: Nicht das Reisen ist das Problem. Sondern die Vorstellung, dass es eine Flucht sein kann. Denn du nimmst dich immer mit.
—
Dann kam der Anruf, der alles veränderte
Es war 4 Uhr morgens. Kolumbianische Zeit. Das Display leuchtete auf: „Papa“. Ich wusste, das ist der Moment, in dem du nicht mehr fragst, wie viel ein Flug kostet. Du buchst ihn einfach.
Wir verkauften unsere Drohne, unser letztes iPad, und fanden einen Flug über drei Stopps, 47 Stunden Reisezeit. Die Kinder schliefen auf Flughallenböden, ich weinte in Singapur am Gate. Und doch wusste ich: Das ist richtig.
—
Was wir gelernt haben: Reiseträume brauchen mehr als Mut – sie brauchen Wahrheit
1. Plane doppelt so viel Budget wie du denkst.2. Teste das Auswandern – statt sofort zu kündigen.3. Kinder brauchen Stabilität – nicht nur Abenteuer.4. Heimweh ist real. Und es trifft dich, wenn du’s am wenigsten erwartest.
Wir sind zurück. Nicht als Gescheiterte – sondern als Menschen, die jetzt wissen, wie dünn die Linie zwischen Traum und Albtraum ist.
Und ja – wir würden es wieder tun. Aber anders. Ehrlicher. Mit weniger Illusionen und mehr Warnschildern.
—
Denn das wahre Abenteuer beginnt nicht am Flughafen – sondern, wenn du alles verlierst. Und dich dann fragst: Wer bin ich jetzt?