- Handwerk, Kunst und der Verkauf: Wenn Leidenschaft plötzlich nicht mehr reicht
- Community oder Konkurrenz? Wenn Hilfe zum Luxus wird
- Arbeit bis zum Umfallen – und trotzdem kein Geld
- Als die Kunst zum Albtraum wurde – und das Herz fast stehen blieb
- Wendepunkt: Als ein einziger Instagram-Post alles drehte
- Fazit: Selbstständigkeit ist kein Instagram-Traum – sondern eine Mutprobe
Selbstständigkeit im Ausland: Als das Handwerk zur Hölle wurde„Wenn du alles auf eine Karte setzt – und die Karte dann verbrennt.“
So beschreibt Lisa den Moment, als sie mit zitternden Händen am Küchentisch in Portugal saß. Zwei Monate zuvor hatte sie noch mit leuchtenden Augen ihre Wohnung in Deutschland gekündigt, den Job als Tischlerin an den Nagel gehängt und ihre Werkzeuge in den Transporter geschoben. Das Ziel: Ein neues Leben, eine eigene Werkstatt, Sonne, Freiheit – ein Traum. Doch was sie erwartete, war kein Neuanfang. Es war ein Überlebenskampf.
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Handwerk, Kunst und der Verkauf: Wenn Leidenschaft plötzlich nicht mehr reicht
Lisa war in Deutschland gut – sehr gut. Ihre Holzskulpturen verkauften sich auf Märkten wie warme Semmeln, ihre Möbel hatten Charakter. Doch was sie nicht wusste: Im Ausland funktioniert der Verkauf anders. Viel härter. Viel kälter.
„Ich stand mit meinen Stücken auf dem Markt in Faro. Niemand blieb stehen. Ein paar Touristen machten Fotos, aber kaufen? Fehlanzeige. Ich dachte, es liegt an den Preisen – ich hab sie halbiert. Trotzdem: nichts.“
Was Lisa unterschätzt hatte: Die Community vor Ort war geschlossen. Wer nicht von hier kam, wer nicht fließend Portugiesisch sprach – der war draußen. Auch die Bürokratie schlug gnadenlos zu: „Ich wollte einfach nur arbeiten. Aber ich musste erstmal 17 Formulare unterschreiben, ein Steuerberater wollte 800 Euro nur für die Anmeldung.“
Ihr Erspartes schmolz wie Eis in der Sonne. Und mit jedem Tag, an dem sie nichts verkaufte, wuchs die Angst.
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Community oder Konkurrenz? Wenn Hilfe zum Luxus wird
Im Fernsehen sieht das alles so einfach aus: Man lernt nette Leute kennen, wird herzlich aufgenommen, unterstützt sich gegenseitig. Die Realität? Ein anderes Kapitel.
„Ich hab andere Deutsche angesprochen, dachte, wir halten zusammen. Aber viele waren misstrauisch. Einige sahen mich als Konkurrenz. Eine hat mir sogar gesagt: ‚Du nimmst mir die Kunden weg.‘ Dabei hatte ich noch keinen einzigen.“
Lisa fühlte sich isoliert. Kein Netzwerk, keine Tipps. Nur Unsicherheit. Und irgendwann: Verzweiflung.
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Arbeit bis zum Umfallen – und trotzdem kein Geld
Die Tage begannen früh – 6 Uhr morgens. Holz schleppen, schleifen, ölen. Dazwischen Social Media, Fotos machen, Texte schreiben, Preise kalkulieren. Lisa arbeitete härter als je zuvor – aber es lohnte sich nicht.
„Ich habe 14 Stunden am Tag geackert, aber ich lebte von Toastbrot und Wasser. Ich dachte oft: Warum mache ich das? Wofür? Ich war selbstständig, ja. Aber ich fühlte mich unfrei wie nie.“
Der Druck wurde größer. Die Rücklagen reichten noch für vier Wochen. Dann – nichts mehr. Kein Geld für Miete, kein Geld für Holz. Nur noch Schulden.
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Als die Kunst zum Albtraum wurde – und das Herz fast stehen blieb
Der Tiefpunkt kam an einem Sonntag. Lisa hatte ihre letzte große Skulptur auf einem Designmarkt ausgestellt. Ein Mann zeigte Interesse, sprach begeistert – dann sagte er: „Ich geb dir 50 Euro dafür.“ Der Materialwert lag bei 300.
„Ich bin hinter den Stand gegangen und hab geweint. Ich hab mich so verraten gefühlt – von mir selbst, von meinen Träumen, von diesem Land.“
Sie dachte ans Aufgeben. Zurückgehen. Alles hinschmeißen. Aber dann kam der Moment, der alles veränderte.
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Wendepunkt: Als ein einziger Instagram-Post alles drehte
Lisa postete ein ehrliches Reel – keine Hochglanzfotos, kein schönes Licht. Nur sie, verschwitzt, mit Tränen in den Augen. Titel: „Ich wollte frei sein. Jetzt weiß ich nicht mal, ob ich morgen noch essen kann.“
Der Clip ging viral. 430.000 Views in zwei Tagen. Die Kommentare: überwältigend. Menschen aus aller Welt boten Hilfe an. Eine Künstlerin aus Lissabon lud sie zu einer Ausstellung ein. Ein deutscher Influencer kaufte fünf ihrer Stücke – zum Originalpreis.
Innerhalb von drei Wochen hatte Lisa mehr Bestellungen als je zuvor. Aber diesmal war sie vorsichtig. Sie suchte sich Unterstützung. Eine portugiesische Steuerberaterin. Eine Community von Kreativen. Und erstmals: echte Freunde.
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Fazit: Selbstständigkeit ist kein Instagram-Traum – sondern eine Mutprobe
Was Lisa lernte, lernte sie auf die harte Tour:
– Leidenschaft reicht nicht, wenn du kein Netzwerk hast.
– Handwerk im Ausland bedeutet: neue Regeln, neue Märkte, neue Mentalitäten.
– Community ist kein Selbstläufer – manchmal musst du sie dir selbst bauen.
– Verkauf ist ein Beruf – nicht nur ein Nebenprodukt deiner Kunst.
Heute lebt Lisa noch immer in Portugal. Sie ist nicht reich geworden. Aber sie lebt. Von ihrer Arbeit. Mit Würde. Und mit der Gewissheit: Wer wirklich selbstständig sein will, muss mehr riskieren als Geld. Man riskiert sein Herz. Und manchmal – gewinnt man es zurück.